Trotz meines bescheidenen Lebenswandels bin ich gegen mangelhafte Dienstleistungen allergisch. Ob Callcenter, Kassenschlange oder Gastronomie: mir fehlt die Geduld, Schlechtleistung zu ertragen.
Umso mehr muss ich anerkennen, wenn ich von einer Dienstleistung begeistert bin. Tatsache, das ist mir gestern und heute passiert. Gestern waren wir mit einem Kollegen Essen. Das gehobene Ambiente und insbesondere die gehobenen Preise passten eher zu ihm als zu uns. Der Service wirkte eher übertrieben. Dafür war das Essen hervorragend. Mit dabei war auch der Sohn unseres Gastgebers, zarte neun Wochen alt. Als er nicht zu quängeln aufhört, ist die Inhaberin des Lokals mit ihren beeindruckend hohen Stöckelschuhen zur Stelle und bietet an, sich um das Kind zu kümmern, damit Mama essen könne. Etwas verwirrt und zögernd überläßt sie ihr den Kleinen und siehe da: es ist Ruhe. Daraus entwickelt sich ein Gespräch zwischen den zwei Frauen, das bei unserem Abschied zu ein paar freundlichen Worten und dem Versprechen eines erneuten Besuchs führt. Ehrliches, herzliches Marketing, das auch über den eher ypsigen Einsatz eines Netbooks als Kasse hinwegtröstet.
Dann heute im Hotel: die Rezeption ist bis 23:30 Uhr besetzt, es ist 23 Uhr und wir sind noch unterwegs. Wir haben natürlich heute Früh vergessen, den Schlüssel mitzunehmen und stellen uns mental schon auf eine ungemütliche Nacht im Buswartehäuschen oder der Sakristei der Christuskirche ein. Da klingelt das Handy, das Hotel ist dran. Wann wir denn kämen, damit sie wisse, wie lange sie warten müsse. 2 Uhr sei kein Problem. Wie warten? Kein Vorwurf? Und woher hat sie eigentlich die Nummer? Jedenfalls schaffen wirs bis 23:30, also alles in Butter. Ob sie uns ein Taxi bestellen kann zum Hauptbahnhof, für fünf Uhr morgens. Kann sie. Und verschwindet in der Küche, um uns ein Lunchpaket zu improvisieren. Nachdem sie sich entschuldigt hat, dass es um fünf noch kein Frühstück gibt, versteht sich.
Sprachlos gehe ich ins Bett. Es gibt noch Hoffnung, Deutschland!